Blick auf den Glockenturm des Südfriedhofs. Fotografie 1959 (Stadtarchiv Nürnberg A55-III-26-2-2)

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Glockenturm aus Steinen der Synagoge

Südfriedhof, Julius-Loßmann-Straße 53

Glockenturm aus Steinen der Synagoge

Südfriedhof, Julius-Loßmann-Straße 53

Am 2. Januar 1959 weihte die Stadt Nürnberg auf dem Südfriedhof einen großen Glockenturm als Mahnmal für die Toten des Luftangriffs vom 2. Januar 1945 ein.  Zur Einweihung sprach Oberbürgermeister Andreas Urschlechter auch eine eigenartige Facette dieses ersten großen Denkmalprojektes für Kriegsopfer nach 1945 an: „Sämtliche Sandsteine des Glockenturmes stammen von der Nürnberger Synagoge am Hans-Sachs-Platz, die im Jahre 1938 unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft abgebrochen werden musste. Die Steine haben Krieg und Zerstörung überdauert. Ihre Wiederverwendung an diesem Mahnmal sei Symbol und Verpflichtung.“ Warum die Synagoge abgebrochen werden „musste“, ließ der Oberbürgermeister ebenso offen wie die Frage, worin denn diese Symbolik genau bestand.

Seit 1938 war es strittig, wer denn nun Besitzer des Abbruchmaterials sei. Die Stadt Nürnberg als letztlicher Eigentümer verbaute die Steine dann in einem Denkmal, das an nichtjüdische Opfer erinnerte – eine Neubestimmung der Tätergesellschaft zu einer Gesellschaft der Opfer unter gleichzeitiger Verdrängung der Geschichte der jüdischen Minderheit. Der Glockenturm ist so auch ein Ort jüdischer Geschichte – und ihrer Missachtung. (AS)

Steine beim Abbruch der Synagoge am Hans-Sachs-Platz, September 1938. (Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände DZ-Ph-0005-14)

Literatur:

Alexander Schmidt: Die Steine der Synagoge – zu Vergangenheit und Gegenwart der Erinnerungskultur in Nürnberg, in: Jahrbuch des Instituts für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts, Nürnberg 2020, S. 51-69.

Neil Gregor: Haunted City. Nuremberg and the Nazi Past, New Haven/London 2008, S. 177 f.